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Sowas habe ich noch nie erlebt

von Sandra Menne

"Sie kommen! Alle Kocher anschmeissen!" Zuerst kostet es Überwindung, aus dem warmen Schlafsack und aus dem Zelt hinaus in die kalte Dunkelheit zu kriechen. Aber mit zwei Pullovern, einer Überhose und einer Jacke mehr gewöhne ich mich daran. Dass ich unseren Kocher erstmal nicht ankriege, hat mehrere Gründe: vor Kälte zitternde Hände, Müdigkeit (Tabeas Ruf riss mich aus dem wenn auch leichten Schlaf!), die kühle Brise, die kleinere Gas-Dose, die nicht richtig stehenbleibt (schon gar nicht im Dunkeln ...), meine mangelnde Erfahrung auf diesem (und anderen) Gebiet(en), etc. etc. Schließlich habe ich sowas ja noch nie erlebt.

Dank Tabea brennen endlich alle fünf Kocher und mögen als kleine blassblaue Schimmer von der Ferne zu erkennen sein. "Sieh mal ...", stupst Tabea mich an, "ist das nicht hübsch?" Ich folge ihrem Blick nach oben, Richtung Wildpalfen-Abhang, und ... ja, da hat sie recht. Um uns herum, in dieser wunderschönen Einsamkeit hier oben, wo keine entfernten Straßenlaternen oder Autoscheinwerfer vorhanden sind, ist alles dunkel. Bläuliche Schwärze umgibt uns, durchbrochen von fünf kleinen blassen Gasflammen und vielleicht noch einem kleinen bißchen Mondlicht, und da oben tanzen fünf winzige gelblich-weiße Punkte hintereinander Richtung Abstieg! So etwas habe ich noch nie gesehen.

Benjamin, Freimut, Peter, Alex und Matze waren am Nachmittag da hoch gegangen, und Tabea hatte mir bei ihrem Abmarsch schon versprochen, daß es ein außergewöhnlicher Anblick ist, wenn sie in der Nacht wiederkommen. "Dann müssen wir gleich alle Kocher anmachen und Tee kochen, damit sie etwas Heißes trinken können", hatte sie mir erklärt. Klar. Ich habe sowas zwar noch nie mitgemacht, aber ich kann mir schon denken, dass es für die Männer kalt und anstrengend war. Etwas Warmes braucht der Mensch.

Das Bild von den fünf Karbid-Lichtchen in der Nacht, die sich langsam Richtung Lager herabbewegen, vervollständigt sich, je weiter herunter sie kommen. Die Stimmen hört man schon seit einiger Zeit, aber jetzt kann man sie auf einmal zuordnen. Lachen, Worte, Schritte kommen näher, aber nichts verdrängt die Stille, die hier herrscht. Sie legen ihre Schleifsäcke ab, ziehen die Handschuhe aus – manche sind ganz zerfetzt. Wir hören kurze leise Erzählungen aus der Ewigen Nacht und das heiße Wasser erfüllt nach und nach seinen Zweck. Bald sitzen wir nur noch da und schauen in den schwarzblauen Himmel. Da sind ja auch noch Sterne ...

 updated: 13.03.03

 

 

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